3. Fragebogen

3.1 Fragen stellen

 

Fragen stellen

Vermeiden Sie

– Mehrdeutigkeit, Verwirrung und Unklarheit

– Fachsprache, Slang und Abkürzungen

– Doppelläufige Fragen

– Führende Fragen

– Implizite Annahmen

– Implizite Alternativen

– Hypothetische Aussagen von Probanden als Beweis von Hypothesen zu behandeln

– Verallgemeinerungen und Schätzungen

“Nicht jede Frage verdient eine Antwort”

Publius Syrus, Rom, 1. Jh v.Chr.

 

Mehrdeutigkeit, Verwirrung und Unklarheit vermeiden

Formulieren Sie die Frage in Bezug auf die sechs W‘s (wer, was, wann, wo, warum, und wie). Wer, was, wann und wo sind besonders wichtig.

Beispiel:
Welche Shampoo Marke nutzen Sie?

Fragen Sie stattdessen:
Welche Shampoo Marke oder Marken haben Sie persönlich zu Hause während des letzten Monats genutzt? Falls Sie mehr als eine Marke genutzt haben, nennen Sie bitte alle Marken.

 

Welche Shampoo Marke nutzen Sie?

W’s  Aspekte der Frage
 

Wer

 

 Der Proband

Es ist nicht klar, ob die Frage sich nur auf den Probanden selbst, oder z.B. auf sein gesamtes Haushalt bezieht.

 

Was

 

 Shampoo Marke

Es ist nicht klar, wie der Proband diese Frage beantworten soll, falls er mehr als eine Marke nutzt.

 

Wann

 

 Unklar

Der Bezugszeitrahmen ist nicht angegeben. Der Proband kann sich also auf diesen Morgen, diese Woche, oder das ganze vergangene Jahr beziehen.

 

Wo

 

 Unklar

Zu Hause, im Fitness-Studio, im Urlaub, bei der Geschäftsreise?

 

Beispiel 1:
Welchen Computertyp besitzen Sie?
☐ Windows
☐ Mac OS

Fragen Sie stattdessen:
Besitzen Sie einen Windows PC? (☐ Ja ☐ Nein)
Besitzen Sie einen Apple Computer? (☐ Ja ☐ Nein)

Noch besser:
Welche Computer besitzen Sie?
☐ Ich besitze keinen Computer
☐ Windows
☐ Mac OS
☐ Anderes

 

Beispiel 2:
Sind Sie zufrieden mit Ihrer jetzigen Kfz-Versicherung?
☐ Ja
☐ Nein

Fragen Sie stattdessen:
Sind Sie zufrieden mit Ihrer jetzigen Kfz-Versicherung?
☐ Ja
☐ Nein
☐ Ich habe keine Kfz-Versicherung

Noch besser (Filterführung):
1. Haben Sie eine Kfz-Versicherung?
(☐ Ja ☐ Nein).
Wenn nein, bitte fahren sie mit Frage 3 fort.

2. Sind Sie zufrieden mit Ihrer jetzigen Kfz-Versicherung?
(☐ Ja ☐ Nein)

 

Skalen und Antwortalternativen müssen eindeutig sein:

Beispiel:
Wie oft kaufen Sie im Supermarkt in einem typischen Monat ein?
☐ Niemals
☐ Selten
☐ Manchmal
☐ Oft
☐ Regulär

Fragen Sie stattdessen:
Wie oft kaufen Sie im Supermarkt in einem typischen Monat ein?
☐ weniger als 1 Mal
☐ 1 bis 2 Mal
☐ 3 bis 4 Mal
☐ öfter als 4 Mal

 

Fachsprache, Slang und Abkürzungen vermeiden

Verwenden Sie einfache Wörter.

Beispiel 1:
Glauben Sie, dass die Distribution der Erfrischungsgetränke adäquat ist?

Fragen Sie stattdessen:
Sind Erfrischungsgetränke einfach zu finden, wann immer Sie sie kaufen möchten?

 Beispiel 2:
Geben Ihr bereinigtes Nettoeinkommen im vergangenen Jahr an.
€ _______

 

Doppelläufige Fragen vermeiden

Jede Frage soll sich nur auf einem Aspekt konzentrieren. 

Beispiel:
Ist Ihrer Meinung nach Coca-Cola lecker und erfrischend?

 Fragen Sie stattdessen:

1. Ist Ihrer Meinung nach Coca-Cola lecker?
2. Ist Ihrer Meinung nach Coca-Cola erfrischend?

Führende Fragen vermeiden

Wenn Sie eine bestimmte Antwort wollen, brauchen Sie die Frage nicht stellen.

Beispiel:
Helfen Sie der Umwelt, indem Sie Einkaufstaschen aus Stoff nutzen?

Fragen Sie stattdessen:
Nutzen Sie Einkaufstaschen aus Stoff?

 

Implizite Annahmen vermeiden

Die Antwort sollte nicht von impliziten bzw. stillschweigenden Annahmen über die Konsequenzen abhängig sein.

Beispiel:
Denken Sie, dass der Milchpreis gesenkt werden soll?

Fragen Sie stattdessen:
Denken Sie, dass der Milchpreis gesenkt werden soll, auch wenn dadurch die Milchqualität schlechter wird?

 

Implizite Alternativen vermeiden

Implizite Alternativen sind Antwortalternativen, die nicht explizit genannt wurden.

Beispiel:
Nehmen Sie gern den Zug für kurze Städtereisen?

Fragen Sie stattdessen:
Nehmen Sie gern den Zug für kurze Städtereisen, oder fahren Sie lieber Auto?

 

Vermeiden Sie es, hypothetische Aussagen von Probanden als Beweis für die Hypothese zu behandeln

Meinungen und Überzeugungen stellen die realen Fakten nur verzerrt dar.

Beispiel:
Glauben Sie, dass höher gebildete Menschen tendenziell öfter Pelzkleidung tragen?

Fragen Sie stattdessen:
1. Was ist Ihr Bildungsstand?
2. Tragen Sie Pelzkleidung?

Verallgemeinerungen und Schätzungen vermeiden

Zwingen Sie den Probanden nicht, sein Gedächtnis und mathematische Fähigkeiten anzustrengen.

Beispiel:
Wie hoch sind die jährlichen Pro-Kopf-Ausgaben für Lebensmittel in Ihrem Haushalt?

Fragen Sie stattdessen:
1. Wie viel Geld wird in Ihrem Haushalt monatlich (bzw. wöchentlich) für Lebensmittel ausgegeben?
2. Wie viele Mitglieder sind in Ihrem Haushalt?

 

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